Wir trauern um Gerhard Sellinger
Nachruf des Teams Ökumenischer Hungermarsch
Der Ökumenische Hungermarsch in Schifferstadt ist eigentlich sein Kind, seine Initiative und seine Erfindung, sehen wir von den Initiativen Anfang der 80er Jahre mal ab. In St. Jakobus gab es eine Fastenwanderung mit dem AK MEF aus der Initiative von Gisela und Horst Atteln, die immer neben Texten und Fürbitten auch eine Lesung von Märchen aus aller Welt beinhaltete … Aus dieser Verbindung wuchs das Kulturprogramm Atahualpa, das jahrelang ein wichtiger Bestandteil des Hungermarschprogramms neben der Infoveranstaltung war.
Gerhard Sellinger kam 1987 auf mich als BDKJ'ler zu und hatte die Idee: ich als Jugendvertreter der Pfarrei und er als Kolpingler und Mitglied in Gremien der Stadt müssten es doch schaffen eine Spendenaktion in Schifferstadt für die Dritte Welt zu organisieren, um den Menschen zu helfen – "Schritte zur Selbsthilfe" war das Motto, das ihn immer bewegte… "Wir vergeben uns doch nichts…" sein Leitspruch, es mal auszuprobieren, auch wenn die Aktion scheitern sollte… In den Medien beherrschten die Hilfsaktionen und die Hungerkatastrophe in Afrika die Schlagzeilen - Band AID und die Sahelzone, Flüchtlingsdrama Afrika und die vielen Hilfsaktionen waren auch Motivation, hier in Schifferstadt was zu tun, was zu bewegen. "Uns geht’s gut – wir können was zurückgeben…" war seine Motivation, eine Hilfsaktion zu starten…
Ökumenisch sollte sie unbedingt sein – ein kleines Team mit Beate Erlenwein und Günter Mattern waren im Boot beim ersten Hungermarschtreffen in seinem Arbeitszimmer. Innerhalb kürzester Zeit entstand ein Netzwerk – sein "harter Kern". Der harte Kern entwickelte sich aus den Ansprechpartnern der Kirchengremien wie Fritz Koch, Helmut Konrad, Friedel Rupp, der Kolpinglaufgruppe, der Kolpingsfamilie, dem CVJM, den alten Pfadfindern… Wichtig war das Projekt und die festgelegten Kriterien – es sollte mit einem Startkapital aus dem Hungermarschergebnis sich selbst tragen können und langfristig bestehen. Das Projekt sollte wechseln – keine Konkurrenz zu bestehenden Hilfsaktionen sein. Ein Rechenschaftsbericht und die Rückmeldung über den weiteren Verlauf des Projekts waren Bedingung, die persönliche Vorstellung der Projektpartner und der enge persönliche Kontakt war ein großes Anliegen. Folgeprojekte aus bestehenden Initiativen konnten natürlich gefördert werden. Mit welcher Akribie und Sorgfalt Gerhard Sellinger dieses Ziel verfolgte, konnte man bei der Verlesung des Spendenberichts verfolgen. Firmlinge, Konfirmanden, Kommunionkinder… viele Kinder von damals sind auch heute noch dabei und sogar aktive Teilnehmer des Hungermarschs, gerade Kindern und Jugendlichen maß er eine große Zuwendung bei. Das konnte man am Besten an den strahlenden Gesichtszügen erkennen, wenn sich die Altenstube im Pfarrzentrum langsam mit der großen Schar der Helfer füllte… (Die Helfer der Christbaumsammelaktion kommen immer tröpfelnd an dem Sammeltag und Gerhard war immer nervös, wie viele wohl kommen – "Wen habt ihr denn alles fit gemacht?" war die ständige Frage und er konntes es kaum glauben, wie viele Leute Bernhard, Michael und ich zusammengetrommelt haben – die meisten waren Freunde oder CVJM'ler. "Wo kommen die alle her …?") oder wenn er sich im Laufe des Hungermarschtages von jedem Teilnehmer persönlich verabschiedete…
Wir verabschieden uns von einem Menschen, der die Welt kennenlernen wollte und sich auch auf viele abenteuerliche Touren in aller Welt eingelassen hat, wie viele seiner Freunde berichten.
Wir sind dankbar für einen Menschen, der sich mit seinen Talenten von der Jugendarbeit bis zum Archivarbeit und der Gestaltung der Pfarrbriefe in den unterschiedlichen Gremien für die Pfarrei St. Jakobus eingesetzt und Spuren hinterlassen hat.
Wir sind zuversichtlich, dass seine Idee, mit Schritten zur Hilfe die Welt zu uns einzuladen und durch unsere Hilfe ein Stückweit besser und friedlicher zu machen, weitergeführt wird.
Wir bleiben in der Erinnerung an einen Menschen, der aus seinem Glauben auch Taten folgen und sich dadurch nicht beirren ließ.
Für den Ökumenischen Hungermarsch
Roman Sturm