Adventstüre zum 3. Advent
gestaltet vom
Chor der Herz Jesu Kirche


Der Chor der Herz Jesu Kirche hat für sein Fenster zum Advent das Thema Engel gewählt.
Gerade in diesen besonderen Tagen wünschen wir Ihnen einen Engel, der sie beschützen soll, der Ihnen die wundervolle Weihnachtsfreude beschert, der Ihr Herz fröhlich, Ihre Gedanken hell und Ihre Augen strahlend macht.
Es war einmal ein Engel, der hatte große und wunderschöne Flügel. So weiß, wie die Federn eines Schwans und so strahlend hell, wie die Sonne. Dieser Engel machte sich auf den Weg zur Erde. Es war sein erster Flug dorthin und so war er sehr aufgeregt. Als er nun über die Erde flog und all die schönen Dinge bestaunte, die Gott geschaffen hatte, fiel ihm ein Mensch auf, der in seine Richtung blickte. Von dieser Seltenheit angezogen - hatte er doch im Himmel gelernt, dass nur sehr wenige Menschen Engel sehen konnten - stellte er sich vor den Menschen und fragte:
Du kannst mich sehen?
"Ja, dich kann ich sehen, auch wenn die Welt für mich immer gleich aussieht." Der Mann zeigte auf seine Augen. Er war blind.
Wie geht es dir dabei, wenn die Welt immer gleich aussieht?
"Manchmal wünsche ich mir nichts mehr, als sie mit meinen eigenen Augen sehen zu können."
Da schenkte der Engel ihm eine seiner Federn und sagte:
Sie wird dich sehen lassen.
Auf seinem weiteren Weg bemerkte er einen Menschen, der ihn zu hören schien. Von dieser Seltenheit angezogen - hatte er doch im Himmel gelernt, dass nur sehr wenige Menschen Engel hören konnten - stellte er sich vor den Menschen und fragte:
Du kannst mich hören?
"Ja, dich kann ich hören, auch wenn die Welt für mich immer still ist." Die Frau zeigte auf ihre Ohren. Sie war taub.
Wie geht es dir dabei, wenn sie immer nur still ist?
"Manchmal wünsche ich mir nichts sehnlicher als sie mit meinen eigenen Ohren hören zu können."
Da schenkte der Engel auch ihr eine seiner Federn und sagte:
Sie wird dich hören lassen.
Als er nun weiterflog, sah er einen Menschen, der seine Anwesenheit zu spüren schien. Von dieser Seltenheit angezogen - hatte er doch im Himmel gelernt, dass nur sehr wenige Menschen Engel spüren konnten - stellte er sich vor den Menschen und fragte:
Du kannst mich spüren?
"Ja, Dich kann ich spüren, auch wenn die Welt meinem Körper keine Wärme gibt." Der Mann deutete mit seinem Kopf an sich hinunter, sein Körper saß in einem Rollstuhl. Er war gelähmt von seinem Hals ab.
Wie geht es dir dabei, wenn die Welt deinem Körper keine Wärme gibt?
"Manchmal wünsche ich mir so sehr, die Sonnenstrahlen auf meinem Körper fühlen zu können und herumzutanzen bis mir meine Füße wehtun."
Da schenkte der Engel auch ihm eine seiner Federn und sagte:
Sie wird dich spüren und tanzen lassen.
Der Engel flog über die ganze Welt und traf sehr viele Menschen, denen er eine seiner Federn schenkte. Menschen, die von einer Krankheit befallen waren, Menschen denen es nicht gut ging.
Eines Tages, als er dann ein kleines Mädchen traf, das blind war und alleine am Straßenrand saß, wollte er ihr eine Feder schenken. Doch er musste feststellen, dass er nur noch eine einzige besaß und seine Flügel verschwunden waren. Traurig setzte er sich neben das Mädchen und schenkte ihr seine letzte Feder.
Wie komme ich denn jetzt noch in den Himmel? Wie kann ich denn jetzt Gott noch nahe sein?, dachte er traurig.
Aber als sich die Augen des Mädchens öffneten und sie die Farben der Welt sah, strahlte sie heller, als die Flügel des Engels es je getan hatten. Ihr ganzer Körper lachte, strahlte und freute sich über jede einzelne Farbe, jeder einzelne Gegenstand, den sie begutachtete. Sie tollte auf den grünen Wiesen, schaute sich jede einzelne Blume an, möge ihr bloß keine Farbe entgehen und genoss das Sehen können.
Und plötzlich stand sie wieder vor dem Engel und sagte leise und nachdenklich: "Wieso hast du mir deine letzte Feder geschenkt, obwohl du jetzt nicht mehr zurück in den Himmel kannst?"
Da lächelte der Engel, denn ihm war etwas klar geworden, als er die Freude des Mädchens gesehen hatte: Weißt du, dein strahlendes Gesicht hat mich Gott nähergebracht, als all die Jahre im Himmel.
Und ihm war klar geworden, dass ein Engel keine Flügel besitzen und im Himmel wohnen musste, um ein Engel zu sein.
Zwar können Menschen nur selten Engel sehen, hören oder spüren, aber öfter und was viel wichtiger ist, können Menschen Engel sein, für die Menschen, denen sie etwas Gutes tun. Und macht nicht gerade diese Eigenschaft einen Engel aus?
Hand in Hand ging er mit dem Mädchen die Straße entlang. Er sah nicht mehr aus wie ein Engel, sondern wie ein Mensch.
Ein Mensch mit dem Herzen eines Engels.

Es müssen nicht Männer mit Flügeln sein,
die Engel.
Sie gehen leise, sie müssen nicht schrein,
oft sind sie alt und hässlich und klein,
die Engel.
Sie haben kein Schwert, kein weißes Gewand,
die Engel.
Vielleicht ist einer, der gibt dir die Hand,
oder er wohnt neben dir, Wand an Wand,
der Engel.
Dem Hungernden hat er das Brot gebracht,
der Engel.
Dem Kranken hat er das Bett gemacht,
und hört, wenn du ihn rufst, in der Nacht,
der Engel.
Er steht im Weg und er sagt: Nein,
der Engel.
Groß wie ein Pfahl und hart wie ein Stein –
Es müssen nicht Männer mit Flügeln sein,
die Engel.
(von Rudolf Otto Wiemer)


