Festveranstaltung zur Einweihung des Ernst-Ripplinger-Platzes
Große Würdigung seines Lebens- und Glaubenszeugnisses
Dank der Initiative des Vereins der Heimatpflege, der Pfarrei Heilige Edith Stein und der Stadt Schifferstadt wurde es möglich, dem bisher namenlosen Platz vor der St. Jakobuskirche Pfarrer Ernst Ripplinger zu widmen. Dies erfolgte nun am Sonntagvormittag, 5. Mai 2019 im Rahmen einer Festveranstaltung, die mit einem Gottesdienst in der Pfarrkirche begann.
Festgottesdienst
"Es ist wichtig, dass wir an Pfarrer Ernst Ripplinger erinnern und an das, was er angestoßen, gegründet und bewegt hat", hob Pfarrer Dr. Georg Müller zu Beginn hervor. Es soll nicht nur eine Erinnerung sondern auch bleibender Auftrag für die Christen in Schifferstadt sein, auch heute wahrzunehmen, was nötig sei und wie gehandelt werden müsse, so wie es Pfarrer Ripplinger zu seiner Zeit getan habe. Es sei ein großes Lebens- und Glaubenszeugnis, das damit in den Blick genommen werde. Sein Vermächtnis und seine bleibende Aktualität verdeutlichte Pfarrer Dr. Müller anhand von Buchstaben seines Nachnamens.
P und P und L
Als Priester und Pfarrer sei er nicht nur Sozialreformer gewesen, sondern sein Ansatz habe die Seelsorge umfasst. Gebet und Caritas seien für ihn eine Einheit gewesen. "Er war ein Pälzer Parre", nannte er schmunzelnd seine zweite Version. Wichtig sei für ihn dazu das Lob Gottes gewesen, was er in der Gründung des Pfarr-Cäcilienvereins zum Ausdruck gebracht habe. "Pfarrer Ernst Ripplinger war insgesamt von einem großen Ideenreichtum, um die großen Anforderungen in den verschiedensten Bereichen seiner seelsorglichen Verantwortung, aber auch der Verantwortung für die Wohngemeinde, wahrzunehmen", hob er hervor.
R und I
Dazu stehe beispielsweise "Raiffeisen" mit der Gründung des Darlehenskassenvereins und in engem Zusammenhang die Industrialisierung. Denn dass in diesen Zeiten des Umbruchs von einer bäuerlich geprägten Landschaft zum Industrieland immer mehr Menschen zum Sozialfall wurden, wollte er nicht hinnehmen, so dass er durch verschiedene Maßnahmen die Not der Menschen zu lindern versuchte.
E
Dazu gehörte auch die Gründung des Elisabethenvereins, ein Vermächtnis über den Tod hinaus, mit dem die Pfarrei und die Stadt in der Pflicht stünden.
N
Den Neubau sah er nicht nur im architektonischen sondern im mobilen und immobilen Sinn, in Besitz und Tätigkeit. "Auch wir stehen in unserer Pfarrei vor großen Veränderungen", so der Pfarrer. Ripplingers viele Spuren zeigten, dass es gelte, die vielen Herausforderungen des Lebens anzunehmen und mit Gottes Kraft und Hilfe zu bestehen.
R und G
Das zweite "R" seines Namens folge aus all dem Gesagten und seinen bis heute sichtbaren Spuren. Das "G" stehe für Ripplingers Glauben an Gott. Denn seine Sorge um den Menschen gründe in seiner Glaubensüberzeugung, dass der Mensch als Abbild Gottes geschaffen und durch Jesus Christus erneuert worden sei.
Musikalisch umrahmt wurde der Gottesdienst vom Kirchenchor St. Jakobus unter Leitung von Dekanatskantor Georg Treuheit und Jürgen Reimer.
Grußworte
In der sich anschließenden Feierstunde dankte Pfarrer Dr. Georg Müller dem Verein der Heimatpflege und der Stadt, dass es nun im öffentlichen Raum einen Platz gäbe, der an den großartigen Pfarrer Ernst Ripplinger erinnere, dessen Wirken weit über das Pfarrliche hinausgegangen sei.
Bürgermeisterin Ilona Volk zeigte sich in ihrem Grußwort ebenfalls beeindruckt über das vielfältige Wirken Ernst Ripplingers, der vor allem eine Respektsperson im kirchlichen, sozialen und politischen Leben Schifferstadts gewesen sei. "Er war offensichtlich ein Mensch, der gestalten wollte und auch die Kraft dazu hatte", so die Stadt-Chefin. Das Vertrauen der Menschen habe sein Wirken zum Wohle der ganzen Gemeinde ermöglicht.
"Ein langer, über Jahrzehnte gehegter, mit großer Geduld, Ausdauer und Nachdruck verfolgter Wunsch geht heute in Erfüllung", betonte der 1. Vorsitzende des Vereins der Heimatpflege, Werner Krämer. Dies sei auch den beiden engagierten Vorstandsmitgliedern Gerhard Sellinger und Hans Magin zu verdanken. Inmitten der Stadt, sozusagen im Zentrum der Ernst-Ripplinger-Meile, könne nun an diesem Sonntag dem bis heute unübertroffenen Sozialreformer der Stadt Schifferstadt mit der Widmung eines Platzes nun eine Gedenkstätte geschaffen werden.
Festvortrag
"Pfarrer Ernst Ripplinger, Seelsorger mit ausgeprägtem, sozialem Engagement im Übergang von der bäuerlichen in die Industriegesellschaft am Ende des 19. Jahrhunderts" war der Vortrag von Prof. Dr. Hans Ammerich, ehemaliger Direktor des Speyerer Bistumsarchiv, überschrieben.
"Im Alter von 54 Jahren übernahm Pfarrer Ripplinger im Januar 1883 die Pfarrei St. Jakobus in Schifferstadt, die zu diesem Zeitpunkt circa 4000 Einwohner hatte und weitgehend geprägt war von der Landwirtschaft", erläuterte der Festredner. Die Amtszeit von Ernst Ripplinger war geprägt von Seelsorge und Fürsorge für die Menschen. In Schifferstadt wurde in den ersten Jahren seiner Tätigkeit das schon seit Jahrzehnten geplante Pfarrhaus St. Jakobus gebaut. Doch die Situation und den Wachstum in der Pfarrei scheint er möglicherweise nicht so recht eingeschätzt zu haben, denn nach fünf Jahren bat er im August 1888 um eine Versetzung nach Ruppertsberg. Zudem hat ihn Rheumatismus geplagt. Ripplinger ist allerdings dann doch in Schifferstadt geblieben, wobei seine Beweggründe nicht bekannt sind. "Sie mögen darin liegen, dass die Arbeiterschaft in Schifferstadt schnell anwuchs", mutmaßte Pfr. Dr. Ammerich.
Die durch ihn gegründeten sozialen Einrichtungen sind wegweisend für Schifferstadt gewesen und haben bis heute Bestand: Vom Genossenschaftsprinzip Friedrich Wilhelm Raiffeisens (1818 bis 1888) überzeugt, beschloss er, im Jahr 1892 einen Darlehenskassenverein in Schifferstadt zu gründen, dessen Aufsichtsratsvorsitzender er wurde. In den ersten Jahrzehnten erlebte der Verein eine stürmische Aufwärtsentwicklung. Der in kurzer Zeit errichtete Bau des riesigen Raiffeisen-Lagerhauses 1898 gegenüber dem Hauptbahnhof in der Pechhütenstraße und der Bau eines Bankgebäudes in der Kirchenstraße zeigten eindrucksvoll die wirtschaftliche Stärke des Vereins. Der Darlehenskassenverein hat sich als Organisation durch wechselhafte Zeiten bewährt. Dabei wurde der Gedanke der Selbsthilfe auch nach der Umbenennung in Raiffeisenbank Schifferstadt (1953) wachgehalten. Die Fortführung ist gegeben durch die Genossenschaftsbank Volksbank Kur- und Rheinpfalz. Im Leitbild dieses Institutes sind in hohem Maße Parallelen zu den Gedanken und Motiven Ripplingers ersichtlich. Das Andenken an seinen hiesigen Gründungsvater geschieht nach wie vor durch ideelle und finanzielle Hilfe, wie beispielsweise bei der Instandsetzung des Grabmahls Ripplingers auf dem, in Umwandlung zu einer Parkanlage befindlichen, ehemaligen Stadtfriedhof Schifferstadt und bei neuen Informationstafel über den Geistlichen.
Zur Stärkung der landwirtschaftlichen Kleinbetriebe rief er 1897 eine Tabakverkaufsgenossenschaft ins Leben, der die wirtschaftlichen Verhältnisse seiner Mitglieder verbesserte. Der im gleichen Jahr gegründete und in der Alten- und Krankenpflege sowie in der Kinderbetreuung aktive Elisabethenverein geht ebenfalls auf Ernst Ripplinger zurück. Denn er hatte sich für eine Stadtion der Niederbronner Schwestern eingesetzt, die er für dieses Vorhaben nach Schifferstadt holte. Für die Schwesternstation kaufte er aus eigenen Ersparnissen die Gaststätte "Zu den drei Lilien" in der Kirchenstraße.
Die Gründung des Katholischen Gesellenvereins war im Jahre 1901 und fiel somit in die späte Amtszeit Ripplingers. Durch Fort- und Weiterbildung sollte den jungen Menschen eine spätere Selbstständigkeit ermöglicht werden. "Außerdem betonte Ripplinger in diesem Zusammenhang die sittliche und religiöse Erziehung sowie das religiöse Leben als Grundlage allen Glücks und Segens", so der Referent. Der Gesellenverein wurde 1934 in Kolpingfamilie umbenannt.
Um dem religiös-kirchlichen Leben neue Impulse zu geben, gründete er 1893 einen Pfarr-Cäcilienverein zur Förderung der Kirchenmusik, dem bald 60 Sängerinnen und Sänger angehörten, der sich ausschließlich dem Kirchengesang widmete und bei der Gestaltung der Sonntagsgottesdienste mitwirkte. Während seiner Amtszeit wurden zudem mehrere Volksmissionen durchgeführt und mit der Formierung eines Marienvereins und der "Jungfrauenkongregation", der sich nahezu alle Mädchen nach der Schulentlassung anschlossen, eine weitere erfolgreiche Gemeinschaft geschaffen. Die in seiner Stadt anwachsende Arbeiterschaft lag ihm ebenfalls am Herzen. Mit einem katholischen Arbeiterverein wollte er ihr eine Heimat geben, erlebt aber diese nicht mehr. Dieses Vorhaben wurde dann von Kaplan Schröder im Herbst 1905 verwirklicht. Der Arbeiterverein erlebte einen großen Aufschwung und war für lange Zeit der größte Verein in Schifferstadt.
Pfarrer Ernst Ripplinger starb am 18. April 1905 im Alter von 76 Jahren in Schifferstadt.
Würdigung
Pfarrer Ernst Ripplinger war eine bedeutende Priesterpersönlichkeit seiner Zeit. Noch zu seiner Lebenszeit wurde seine Leistung von weltlichen und geistlichen Behörden gewürdigt:
- Zum Bischöflichen Geistlichen Rat (eine Ehrenbezeichnung für besondere Verdienste) wurde er 1898 ernannt.
- Zum 50-jährigen Priesterjubiläum (1904) wurde er mit dem Ehrenkreuz des Bayrischen Ludwigsordens ausgezeichnet.
- Als erster Bürger der Stadt erhielt Pfarrer Ernst Ripplinger zu seinem 70. Geburtstag 1899 das Ehrenbürgerrecht.
Nach den Feierlichkeiten in der St. Jakobuskirche folgte die Enthüllung der Gedenktafel auf dem Vorplatz dem sich ein Umtrunk anschloss.
Bericht: Inge Schade/Bilder: privat