Ein Allrounder par excellence

Zweite Veranstaltung: "Gesichter unserer Pfarrei" mit Helmut Schießl ließ aufhorchen

Es war eine weise Entscheidung des Gemeindeausschusses St. Laurentius, in der zweiten Veranstaltung der Reihe "Gesichter unserer Pfarrei" am Sonntag, 21. Mai, Helmut Schießl die Möglichkeit zu geben, sich und seine besonderen Hobbys vorzustellen.

Zur Person: Helmut Schießl vollendet am 24. Juli sein 70. Lebensjahr, ist seit 43 Jahren mit seiner Frau Elisabeth verheiratet und hat mit ihr einen Sohn und eine Tochter. "Meine Frau ist eine große Stütze für mich, denn ansonsten hätte ich meine vielfältigen Tätigkeiten in diesem Ausmaß nicht ausüben können", richtete er seine Dankadresse an sie. Seinen Beruf übte er44 Jahre in der Druckerei der BASF aus.
Diese Veranstaltung war aber für viele sicher eine verpasste Gelegenheit, doch in der kleinen, aber feinen Runde war man sich am Ende einig: "Dieser Mann ist ein Phänomen, ein Tausendsassa mit enormen Wissen".

Mit lustigen Anekdoten und Begebenheiten würzte er gekonnt seine Ausführungen, so dass die Zeit wie im Flug verging. Auch wenn man ihn weit über die Grenzen Schifferstadts hinweg als "Apfelpapst" kennt, dessen Titel ihm von Monika Schleicher, langjährige Mitarbeiterin beim Schifferstadter Tagblatt und Autorin der beiden Ausgaben "Schifferstadter Originale", verliehen hat, ist das zwar eine absolut treffende Bezeichnung für ihn, und doch längst nicht alles, womit Helmut Schießl seine Freizeit verbringt bzw. im Laufe seines Lebens verbracht hat.

Helmut Schießl, die Sportkanone

Da ist zunächst einmal der sportliche Typ zu nennen. Mit 15 Jahren begann er mit dem Angelsport, mit 20 absolvierte er den Leistungsschein beim DLRG, half bei der Schwimmausbildung mit. Er fand auch Gefallen am Badmintonspiel, nahm aktiv bei den Mannschaftsmeisterschaften teil, trainierte Schüler und absolvierte die Schiedsrichterausbildung. Er beteiligte sich mit 19 Jahren an einem 10-Kilometer-Volkslauf, danach folgten Marathone in Mannheim, Metz und Frankfurt, bevor er eine 30-jährige Laufpause einlegte. Mit 60 Jahren wollte er es noch einmal wissen und war bei einem Marathon in Freiburg dabei. Seit sieben Jahren ist er beim Walken angelangt, hat einen Grund- und Powerkurs abgelegt. Bei Walkwettkämpfen war er bisher immer unter den ersten drei Platzierten, bei Halbmarathonen in Mannheim, Kandel und Karlsruhe jeweils Erster. Nach einem neuen Hüftgelenk ist er inzwischen erneut beim Walken, ist auch immer wieder beim Rettichfestlauf zu sehen.

Die Liebe zur Natur und der Vogelzucht

Durch seinen Vater entdeckte Helmut Schießl die Kanarienvogelzucht, die er 33 Jahre ausübte. Dabei hat er es zu fünf deutschen und einer Weltmeisterschaft gebracht, die im italienischen Pordenone stattfand. Er agierte auch einige Jahre als Vorsitzender beim Vogelverein 1959. Bis heute noch bietet er im April Vogelstimmenwanderungen an, kennt alle Vogelnamen.
In den 80er Jahren war er mit Bernd Frank einige Jahre ehrenamtlicher Umweltbeauftragter und ist nach wie vor bei der "Lokalen Agenda 21" der Stadt im "Grünbereich" aktiv. Seit 14 Jahren ist er auch zweiter Vorsitzender beim hiesigen Verein der Garten- und Blumenfreunde, seit sieben Jahren beim Pfälzer Waldverein und seit drei Jahren als Wegewart aktiv.

Entwicklung zum Apfel- und Quittenexperte

Das Thema „Obst“ wurde im Laufe der Zeit aber immer dominanter. Er wurde Mitglied in einem Pomologenverein (Obstbaukunde), in dem die alten Obstarten und Sorten am Leben erhalten und beschrieben werden.

Im Saarland legte er die Ausbildung zum Gartenfachberater und den Sachkundenachweis ab, es folgte die Prüfung beim Land zum Baumwart für Streuobst.

In den 80er Jahren entdeckte er seine Vorliebe für Äpfel und begann mit drei Apfel-Hochstämmen, einem Boskop, einem Klaraapfel und einem Jonathan. Inzwischen besitzt er vier Streuobstwiesen mit über 80 Sorten.Seit 15 Jahren betreut er ebenfalls eine Streuobstwiese des Rhein-Pfalz-Kreises Richtung Iggelheim. Dort wurden zusammen mit dem Biologen der Kreisverwaltung, Siegfried Filus, eine "Pälzer Wiss" angelegt Inzwischen sind dort 53 alte Obstsorten angepflanzt, die in der Pfalz entstanden oder sehr verbreitet sind, wie zum Beispiel der Herrgottsapfel, die Kandeler Zuckerzwetschge und die Speyerer Maikirsche. Vor fünf Jahren trugen die ersten Bäume Früchte, vor zwei Jahren waren es rund eine Tonne. Er fertigte daraus einen leckeren biologischen Bio-Apfelsaft an. Auf seine Initiative hin ging die Hälfte davon an die Kindergärten des Rhein-Pfalz-Kreises mit je 20 Litern, so dass er inzwischen 33 Kindergärten belieferte. Fortsetzung folgt ...

Das Apfelpressen nahm vermehrt zu, auch das Bistumshaus Maria Rosenberg wünschte Apfelsaft von ihm. Doch als die Anfragen zu viel wurden, musste er an die Apfelpresse des Kreises verweisen, so dass er nun "nur" noch Saft von seinen eigenen Bäumen, vom Kreis und der Stadt herstellt, was vom August bis Ende Oktober stattfindet.
Im Jahr 2007 kaufte er sich außerdem zwei Quittenbäume, inzwischen sind es 105 Sorten. Das blieb auch dem SWR nicht verborgen, so dass er bereits dreimal bei Fernsehsendungen sein Fachwissen darlegen musste.

In diesem Jahr war er bereits von Anfang Januar bis Ende März bei 96 Kunden, um Obstbäume zu schneiden.

Wissenswertes über Äpfel und Quitten

Der Experte informierte darüber, dass es über 15.000 Apfelsorten gibt, wovon sehr viele miteinander verwandt sind. Eine der bekanntesten ist der Golden Delicious aus Amerika. Dieser trägt sehr gut, ist aber auch am Anfälligsten und braucht sehr viel Spritzmittel. Das gilt auch für seine verwandten Sorten, wie Gala, Jonagold, Maigold, Pink Lady und Pinova. Diese Äpfel bezeichnete er als hochallergen, die bei manchen Menschen deshalb Allergien verursachen. Da inzwischen "die Masse zählt", die sich gut verkaufen lässt, sind die alten Sorten und nur wenige neuen guten Sorten nicht in den Verkaufsregalen der Supermärkte zu finden. Empfehlenswert ist "Santana", eine Sorte des Kulturapfels und eine Kreuzung von Elstar und Priscilla. Ebenso die alte Apfelsorte "Berlepsch", eine deutsche Kreuzung von 1880 aus "Ananasrenette" und "Ribston Pepping", die auch das zweitmeiste Vitamin C hat. Sie ist allerdings nur zu bestimmten Jahreszeiten erhältlich.

Was die Quitte betrifft: Eine direkte Beschreibung der Quitte gibt es aber nicht. Denn die Quitten variieren in sich, so das man sie nicht einfach beschreiben kann. Deshalb ist er dabei, sie zu erforschen und ihr Wachstum und ihr Reifen zu beobachten. Bekannt ist: Die Quitte ist eine sehr gesunde Frucht, die viel Kalium und Eisen enthält. Die Konsistenz der Quittenkerne ist sehr schleimig, Lutscht man sie, sind sie gut gegen Halsbeschwerden. Allerdings dürfen sie nicht gekaut werden, da dadurch Blausäure freigelegt wird und deshalb große Vorsicht geboten ist. Aus Quittenkernen können auch Salben hergestellt werden, unter anderem gegen rissige Haut, aufgesprungene Lippen, Verbrennungen, das Wundliegen oder dienen als fettfreie reizlose Salbengrundlage in der Kosmetik. Auch die Herstellung von Quitten-Sekt (Quitten-Schaumwein aus Quittenwein) und Quittenlikör sind möglich, ebenso feines Quittenbrot. Schon Hildegard von Bingen hat zur Quitte geschrieben: "Wer gichtkrank ist, esse oft die Quittenfrucht gekocht oder gebraten und sie räumt mit dem Gichtstoff in ihm auf."

Und dann war da noch ...

In seiner knapp bemessenen Freizeit widmet sich Helmut Schießl noch dem Gesang: Er war 29 Jahren Sänger bei der Gruppe "Grenzenlos", der auch Ehefrau Elisabeth angehört und ist seit sechs Jahren beim modernen Chor "Cantiamo" des MGV Concordia. Er war 12 Jahre im Pfarrgemeinderat St. Laurentius, ist aber nach wie vor aktiv, trägt zum Beispiel die Oster- und Weihnachtsbriefe der Pfarrei aus und hilft bei den Gemeindefesten, war zudem Garant für die Lachmuskeln bei den Pfarreifastnachten, der MGVs Concordia und Eintracht. Und als langjähriger Blutspender bringt er es aktuell auf 166 Spenden, was er als einen Akt der Nächstenliebe bezeichnet.

Bericht und Foto: Inge Schade für das Schifferstadter Tagblatt