Pfarrei Heilige Edith Stein zeigte Flagge
Gottesdienste standen unter dem Motto: Aufstehen für Menschenwürde und Demokratie
"Aufstehen für Menschenwürde und Demokratie", lautet das Motto der Kampagne des Bistums Speyer und der Evangelischen Landeskirche der Pfalz, die am 17. Mai vor dem Dom in Speyer eröffnet wurde. Anliegen ist, dass sich Christinnen und Christen für die Gleichheit und Freiheit aller Menschen einsetzen, unabhängig von Alter, Herkunft oder Glauben, und sich bekennen zu einer solidarischen Kirche, die ihren Mitmenschen mit Nächstenliebe, Offenheit und Toleranz begegnet.
In der Pfarrei Heilige Edith Stein begann die Initiative am Wochenende 25./26.05.2024 in den Gottesdiensten der drei Gemeinden.
"Wir feiern heute aber auch das Dreifaltigkeitsfest, den einen Gott, der ein Geschehen von Liebe ist, der sich in Jesus Christus uns zugewandt hat, mit seinem Geist heute noch wirkt, uns damit einbezieht und uns zugetan ist. Wenn Gott uns Menschen zugetan ist, dann begründet dies die Würde von uns als Menschen", so Pfarrer Albrecht Effler in St. Jakobus. Doch nicht überall werde diese Würde respektiert. Deshalb sei es wichtig, für sie einzutreten und sich an dieser Kampagne zu beteiligen. "Die Demokratie ist unsere Staatsform, die mit dem Grundgesetz grundgelegt ist. Bewährt hat sich das Grundgesetz vor allem, weil gleich zu Beginn der Grundsatz steht: Die Würde des Menschen ist unantastbar, also schon gar nicht verhandelbar", erklärte er.
Zu dieser Kampagne gab es Predigtgedanken von Pfarrer Stefan Mühl, die in allen Wochenendgottesdiensten vorgestellt wurden. So hätten die Christinnen und Christen den Auftrag, ja sogar die Verpflichtung, sich einzumischen, wo immer Menschenwürde in Frage gestellt, angriffen oder bestimmten Personengruppen abgesprochen werde. "Denn unser Glaube sagt uns: Gott hat den Menschen als sein Ebenbild geschaffen, ihm ähnlich. Daraus ergibt sich eine unveräußerliche Würde, die ihm niemand nehmen kann." Diese gelte für jeden Menschen, gleich welcher Herkunft, Hautfarbe, Geschlecht und anderer Merkmale. Gott habe den Menschen nicht als Angehöriger eines Volkes, einer Ethnie oder Nation geschaffen, sondern als Mensch. Diese Menschenwürde stehe vor jeder Einteilung nach Kriterien. Doch es müsse auch eingestanden werden, dass das Christentum selbst in der Geschichte diesem Anspruch, der ihm von vornherein mitgegeben worden sei, oft nicht gerecht werde. Immer wieder hätten Christen Menschen in Theorie und Praxis ihre Würde abgesprochen. So habe sich zum Beispiel die Kirche nicht deutlich gegen die Sklaverei gewandt; die indigene Bevölkerung Lateinamerikas als minderwertig behandelt, versklavt und weitgehend ausgerottet, in blutigen Konfessions- und Religionskriegen grausam gegen Andersgläubige gewütet und man müsse zugeben, dass im Mittelalter vor allem Antisemitismus in der Kirche nicht unüblich war und mit fragwürdigen theologischen Begründungen untermauert worden war. Und bis heute schaffe es die Kirche nicht, die zutiefst wahre Aussage über die gleiche Würde von Mann und Frau in ihrem eigenen Handeln umzusetzen und begründe es mit der Amtstheologie. Erst in letzter Zeit habe sie erkannt, wie viele Verletzungen sie in gleichgeschlechtlich liebenden Menschen durch eine ständige Abwertung hervorgerufen habe. Die Kirche müsse sich selbst immer wieder hinterfragen, ob sie in ihrem Bereich die Menschenwürde aller fördere und zugestehe. Vielmehr hätte sie die Aufgabe und Verantwortung, wach zu sein, genau hinzusehen und sich zu Wort zu melden, wo Menschenwürde mit Füßen getreten, wo unterteilt werde in Menschen erster und zweiter Klasse, wo Deportationsphantasien ersichtlich seien.
Die Kirchen in Deutschland stünden aber auch auf dem Boden des Grundgesetzes, das immer wieder verteidigt werden müsse, wo immer es angegriffen werde. "Nach den Erfahrungen zweier Kriege, die von einer Monarchie und einer Diktatur auf deutschem Boden ausgingen, ist es unsere Pflicht, für die Demokratie der Menschen aufzustehen". Beide Pfarrer hätten noch keine Staatsform gesehen, in der die Werte, die sich aus dem christlichen Menschenbild ergäben, besser geschützt und verwirklicht werden könnten. Die Partei, die sich als Alternative für Deutschland sehe, werbe und plakatiere, sogar mit einem Bild von einer Kirche, mit dem Spruch: "Unser Land zuerst." Das erinnere an den unsäglichen Slogan "Amerika first". Was für eine Arroganz spreche daraus. Er stelle zugleich eine nationalistische Verengung dar, die für Christinnen und Christen untragbar sei. "Wie sonst können wir uns als Mitglieder einer weltweiten Glaubensgemeinschaft dahinter stellen?! Wir haben hier langjährige und gute Kontakte nach Chile, Peru und Burkina Faso. Würden wir unser Land zuerst sehen, müssten wir wohl die Hilfe einstellen. Aber heute, wo in der Welt alles mit allem vernetzt sei, medial und wirtschaftlich, ist es schier unmöglich, nur noch eng auf das eigene Land zu schauen." Niemand wolle aber vorschreiben, wen man wählen solle, denn im Spektrum der demokratischen Parteien gäbe es viele Möglichkeiten. Aber es seien auch solche Parteien dabei, die die Würde aller Menschen leugnen und die Demokratie in Frage stellen, obwohl sie sich immer wieder darauf berufen würden. Und die sei für Christinnen und Christen nicht wählbar.
"Warum aufstehen? Weil wir aus unserer dunklen Geschichte gelernt haben. - Aufstehen für, das bedeutet ein 'Ja' zu den Werten und Haltungen, die sich dem Glauben und dem christlichen Menschenbild ergeben. Es bedeutet aber auch, sich abzugrenzen von dem, was diesen Werten widerspricht."
Fazit: "Als Christinnen und Christen im Bistum Speyer sind wir Teil einer vielfältigen Weltkirche. Unser Glaube und die damit verbundenen christlichen Werte bilden die Grundlage unseres Handelns.
- Wir setzen uns klar für die Gleichheit und Freiheit aller Menschen ein, unabhängig von Alter, Herkunft oder Glauben.
- Wir bekennen uns zu einer solidarischen Kirche, Gesellschaft und Politik, die ihren Mitmenschen mit Nächstenliebe, voller Offenheit und Toleranz begegnet.
- Wir streben nach Versöhnung, wo es jene braucht und stehen für den friedlichen Zusammenhalt unserer Gesellschaft und an der Seite jener Menschen, die bedroht oder diskriminiert werden.
- Im festen Glauben an die christlichen Wurzeln unserer Gesellschaft setzen wir uns für eine gelebte Demokratie in Deutschland und weltweit ein."
Als äußeres Zeichen wurde am Ende des Gottesdienstes, wie in anderen Gemeinden auch, vor der Kirche eine Fahne gehisst mit dem Aufdruck: AUFSTEHEN FÜR Menschenwürde und Demokratie.
Bericht: Inge Schade für das Schifferstadter Tagblatt