Bischof Wiesemann fordert dazu auf, "ein Segen zu sein"
Hirtenbrief zur Fastenzeit 2020 in allen Gottesdiensten im Bistum Speyer verlesen
Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann hat in seinem diesjährigen Fastenhirtenbrief dazu aufgerufen, den biblischen Auftrag „Ein Segen sollst du sein“ als Maßstab für das eigene Handeln anzulegen. Der Brief wird am zweiten Fastensonntag, 8. März, in den Gottesdiensten im Bistum Speyer verlesen.
„Ein Segen sollst du sein. Das ist die Verheißung, die Gott uns, einem und einer jeden von uns, heute mitgibt. Und es ist zugleich sein Auftrag an uns“, schreibt Wiesemann. Maßstab für das politische und gesellschaftliche Leben und Handeln sei es, „unser Handeln und unsere Welt danach zu messen, ob ein Segen darauf ruht, der Verantwortung, Nachhaltigkeit und menschenwürdige Zukunft hervorbringt.“ Er verweist auf den von den Nationalsozialisten ermordeten Pater Alfred Delp, der wie auch andere Menschen „in ihrer ungebrochenen inneren Freiheit und menschlichen Größe für die Erneuerung Deutschlands und Europas ein Segen waren“. Diese Menschen hätten mit ihren Visionen die Chance zu einem Neuanfang und „den Raum zur Versöhnung und zur gemeinsamen Verantwortung für eine Zukunft in Gerechtigkeit und Frieden“ eröffnet. 75 Jahre nach Ende des zweiten Weltkrieges sei es wichtig daran zu erinnern. Pater Alfred Delp habe schon früh erkannt, dass auf dem Hass der Nazis keine menschenwürdige Gesellschaft aufgebaut werden könne. Das gelte auch heute: „Es kann auch heute kein Segen darauf liegen, wenn Antisemitismus und Rassismus wieder erstarken, wenn nationalistische Parolen die Einheit der Menschen spalten, wenn unsere gemeinsame Verantwortung für die Zukunft unserer Erde und ihrer Ressourcen aus Macht- oder Profitgier ständig unterlaufen wird. Es kann kein Segen darauf liegen, wenn die Kultur unseres demokratischen Miteinanders vergiftet und versucht wird, unsere Demokratie um der eigenen Machtphantasie willen auszuhebeln“, erklärt Wiesemann.
Die Aufforderung „Ein Segen sollst du sein“ sei auch der Maßstab bei der Erneuerung der Kirche in Deutschland und weltweit. „Ich stehe mit ganzer Kraft und Überzeugung hinter dem eingeschlagenen Synodalen Weg“, so Wiesemann. Der Weg sei hervorgegangen aus der bitteren Erkenntnis, dass viele zum Dienst geweihte Amtsträger in der Kirche vielen Menschen nicht zum Segen, sondern zum lebenslangen Trauma geworden seien. Die Kirche stehe in der Verantwortung, den „Weg der Umkehr und Erneuerung“ zu gehen. „Nicht zuletzt aus weltkirchlicher Mitverantwortung heraus haben wir unseren spezifischen Beitrag zur Erneuerung der Kirche mit Freimut zu gehen, natürlich immer im Bewusstsein, keine Alleingänge starten zu wollen, sondern dem Ganzen zu dienen. Gerade hier gilt der Maßstab, ob etwas wirklich zum Segen gereicht“. Als konkretes Beispiel für die Umsetzung der Aufforderung „Ein Segen sollst du sein“ bezeichnete Bischof Wiesemann die im letzten Jahr vom Bund der Deutschen Katholischen Jugend erneut durchgeführte Sozialaktion „Uns schickt der Himmel“, bei der sich Tausende junge Menschen und unzählige erwachsene Helfer an vielen Orten in sozialen und ökologischen Projekten engagiert hatten.
Bischof Wiesemann lädt in seinem Hirtenwort die Menschen im Bistum dazu ein, am gerade begonnenen Visionsprozess mitzuwirken und sich mit den eigenen Ideen, Visionen, Talenten bei der Frage einzubringen, wie es gelingen kann, „wieder mehr zum Ort erfahrenen Segens für die Menschen unserer Zeit zu werden“.