Judas - Musikalisch-literarischer Abend in St. Jakobus in dreiteiliger Kombination

Ohne ihn kein Kreuz, ohne das Kreuz keine Erfüllung des Heilsplans und keine Kirche

Der umstrittene Apostel Judas wird seit 2000 Jahren für Jesu Tod am Kreuz verantwortlich gemacht, da er ihn laut Bibel mit seinem Kuss verraten hat, und gilt so als Inbegriff des Verräters. Es gab in jedem Zeitalter Spekulationen über Judas und seine Motive. Doch wäre ohne diesen Menschen, ohne seinen Judaskuss, das Christentum zu einer der großen Weltreligionen geworden?

Mit dem Apostel Judas beschäftigt sich auch das Theaterstück JUDAS, das am Samstag, 23. März, 19 Uhr, in der St. Jakobuskirche zur Aufführung kommen wird. Es handelt sich um eine Produktion des Chawwerusch-Theaters Herxheim. Dazu laden die Pfarrei Heilige Edith Stein, die Protestantische Kirchengemeinde, die Neuapostolische Kirche und die Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde (Baptisten) gemeinsam ein. Um sich dem "Menschen" Judas etwas nähern zu können, fand zunächst am Montag, 26.02.2024 in der St. Jakobuskirche ein "Musikalisch-literarischer Abend" mit Pfarrer Michael Erlenwein, dem Schifferstadter Künstler Martin Eckrich und Dekanatskantor Georg Treuheit an der Orgel statt.

"Es ist der Auftakt der Passionszeit, die unter der Gestalt des Judas steht", erläuterte Pfarrer Michael Erlenwein zu Beginn. "Musik und Texte, bildlich festgehalten, sollen dazu neue Impulse geben. Im Neuen Testament noch nicht eindeutig, gewinnt die zwiespältige Gestalt Judas im Laufe der Jahrhunderte Kontur, wird ambivalent, menschlich, so wie wir in dieser Zeit die Menschwerdung Gottes bis zum bitteren Ende durchbuchstabieren," fügte er hinzu.

Zur Verdeutlichung gab er einige Textauslegungen zu verschiedenen auf der Leinwand projizierten Bildszenen, in dessen Pausen Georg Treuheit an der Orgel dies musikalisch in Szene setzte, währenddessen sich Martin Eckrich von der Musik inspirieren ließ und sich dabei mit der Figur des Judas auf künstlerisch gestaltende Weise auf einer großen Leinwand auseinandersetzte und ihm ein "Gesicht" gab. Diese außergewöhnliche dreiteilige Kombination ließ extreme Spannung aufkommen und regte gleichzeitig zum Nachdenken über das Geschehen vor 2000 Jahren an.

Pfarrer Michael Erlenwein erläuterte dabei die Bildszenen "Jesus trägt das verlorene Lamm Judas", "Mutter des Judas" und "Die Verherrlichung des Judas", Letztgenannte mit einem Text von Walter Jens aus dem spannenden Buch "Der Fall Judas" über den "Seligsprechungsprozess in Rom" aus dem Jahr 1975. "Ein couragierter Priester will nach fast 2000 Jahren das vermeintliche Verbrechen aufklären, bezieht sich auf historische und theologische Forschungen und die seinerzeit aktuellen Deutungsmuster. Was bedeutet es für einen Einzelnen, der weder Gesetze noch Verbündete hinter sich hat, mit einer gefühlten Wahrheit ein solches Verfahren anzukurbeln?"

Diese überzeugende, zu Herzen gehende Geschichte hinterfragt machtstützende Dogmen wie deren gewiefte Verteidiger und folgt empathisch dem mutigen Antragsteller bezüglich der Seligsprechung. Hätte sich Judas geweigert, sich seiner Bestimmung entzogen, die um die Erlösung der Menschen getan werden musste, dann wäre er an Gott zum Verräter geworden. Denn ohne Judas kein Kreuz, ohne das Kreuz keine Erfüllung des Heilsplans, keine Kirche ohne diesen Mann, keine Überlieferung ohne den Überlieferer. Ein revoltierender Judas hätte Jesus das Leben gerettet, aber allen Menschen den Tod gebracht.

Dekanatskantor Georg Treuheit verstand es seinerseits, zwischen den Textauslegungen ausgewählte Kompositionen und schöne Improvisationen meisterhaft darzubieten. Dem getragenen Präludium und die ins rhythmisch gehende Fuge in c-moll von Johann Sebastian Bach sowie dem eindringlich gespielten Choralvorspiel "Oh Haupt voll Blut und Wunden" von Felix Mendelssohn-Bartholdy stellte er eine Improvisation über das Lied zur Passionszeit "Oh Mensch, bewein dein Sünde groß", Theodor Dubois‘ himmlisches "In paradisum" und Max Regers "Melodia" gegenüber.

Einen musikalischen Brückenschlag setzte er in einer Improvisation über das Titellied aus dem Musical "Jesus Christ – Superstar" von Andrew Lloyd Webber, in dem aus der Sicht Judas die letzten Lebenstage von Jesus geschildert werden. Ausdrucksstark und sensibel setzte Georg Treuheit die genannten Kompositionen um, zeigte mit phantasievollen Improvisationen, wie nuancenreich er mit der Orgel umgehen kann, versehen mit virtuosen Begleitfiguren und perlenden Spielläufen.

Diese Musik inspirierte auch den Künstler Martin Eckrich, dem dabei ein großartiges Kunstwerk gelang, das er in Mischtechnik anfertigte. Dem Künstler dabei zuzusehen, war faszinierend. Seine Art zu zeichnen zog die Betrachter in den Bann. Mal skizzierte er langsam und überlegend, mal steigerte er sich in seinem Tempo bis hin zu wilden Schwüngen. Seine Malweise ist nicht wohlgeordnet zu bezeichnen, sie ist eher eine Mischung aus Impulsivität und Emotionalität. Mit wenigen Strichen veränderte und erweiterte er die Szene und erhöhte den Spanungsbogen. In Minutenschnelle entstand ein unverkennbares Werk, das Gesicht von Judas, in dem viel zu lesen ist, ein Bild, das zum Verweilen und Entdecken einlädt.

Während das Gesicht von Judas gezeichnet ist von Schmerzen, bedingt durch die Verfehlungen seines Lebens, löst sich das irdische Leben auf und wird im unteren Teil des Bildes zu einem (hellen) Gesicht, das Hoffnung und Trost spenden soll. Doch auch die Menschlichkeit findet in diesem Bild Ausdruck. Licht und Schatten beherrschen das Bild, dessen ganze Last vertikal transportiert wird und dann Erlösung findet.

Text und Bilder: Inge Schade für das Schifferstadter Tagblatt

kommende Veranstaltung zum Thema "Judas":

Judas: Freund – Verräter – Sündenbock

Die Evangelien zeichnen ein unterschiedliches Bild von Judas. In der Apostelgeschichte wird erzählt, dass er an den Folgen eines Sturzes starb, nicht vom Selbstmord ist da die Rede. Bei den Passionsspielen in Oberammergau vor zwei Jahren konnten wir Judas (übrigens gespielt von einem Muslimen) in einem ganz anderen Licht sehen.

Wer war wohl Judas?
Wieviel Judas steckt in uns?

Annäherungen an ihn in einem Bibelgespräch am Di., 12. März 2024, 19 Uhr im Pfarrheim St. Jakobus
Leitung: Pfr. Albrecht Effler

Bild: Friedbert Simon in Pfarrbriefservice.de