Gedenkfeier zum 100. Todestag von Kaplan Peter Betz zeigte Licht- und Schattenseiten seines Lebens auf

Trotz seiner Erfolge beim Siedlungsbau blieb er eine tragische Figur

Anlässlich des 100. Todestages von Kaplan Peter Betz, der in Schifferstadt seelsorgerisch tätig war, fand am Freitagabend, 19.08.2022 in der St. Laurentiuskirche im Rahmen einer gemeinsamen Veranstaltung des Vereins für Heimatpflege, der Gemeinde St. Laurentius und der Stadt Schifferstadt eine Feierstunde statt.

Zur Erinnerung: Kaplan Betz (1885 bis 1922) aus St. Ingbert lebte vom 11. Dezember 1917 bis 1. September 1918 in der Pfarrei St. Jakobus. Sein Vorgesetzter war Dekan Lorenz Werner, mit dem er sich offensichtlich recht gut verstand. Kaplan Betz gilt als Initiator der ersten gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft auf genossenschaftlicher Basis in Schifferstadt. Er war leidenschaftlicher Verfechter dieser Idee, um die große Wohnungsnot der Zeit zu lindern. Durch Besorgung von Landesdarlehen und günstigen Krediten, aber besonders durch Nachbarschaftshilfe, sollte "Bauwilligen" zu einem Eigenheim verholfen werden. Kaplan Betz schrieb: "Das ganze muss getragen sein von einem großen sozialen Gedanken, nicht Kapital, sondern Nächstenliebe und Pflichtbewusstsein sollen die treibende Kraft sein. So wäre ein solcher Verein der sozialste Verein der Gegenwart." Bereits in Ludwigshafen-Friesenheim, seiner ersten Kaplansstelle, gründete er den katholischen Arbeiterverein und leitete ihn.

"Der Verein für Heimatpflege sieht es als eine seiner vielfältigsten Aufgaben an, Persönlichkeiten, die in unserer Stadt lebten und wirkten, inzwischen aber weitgehend in Vergessenheit geraten sind, in das Bewusstsein heutiger Bürgerinnen und Bürger zurück zu bringen", sagte deren 1. Vorsitzender Werner Krämer in seiner Begrüßung. "Besonders unser ehemaliges Vorstandsmitglied Hans Magin hat an zwei Persönlichkeiten der Kirche, die in unserer Stadt, insbesondere im Sozialen Bereich, großes bewirkten, erinnert und nachhaltiges Gedenken an sie eingefordert, nämlich, Pfarrer Ernst Ripplinger und den heute im Mittelpunkt stehenden Kaplan Peter Betz" hob er hervor. So habe Letztgenannter eine höchst fortschrittliche Prägung von Caritas durchgesetzt und verwirklicht, welche neben der Verkündigung eine der beiden Grundfunktionen kirchlich-gemeindlichen Wirkens sei. Der ehemalige Direktor des Bistumsarchivs in Speyer und Historiker, Professor Dr. Hans Ammerich, habe sich auf Bitten des Vereins für Heimatpflege mit dem Leben und Wirken der in Schifferstadt tätigen Kirchenmänner, die Spuren hinterließen, intensiv befasst und auseinandergesetzt. Deshalb freue es ihn umso mehr, dass er am heutigen 100. Todestag des Kaplans mit einem Festvortrag über dessen Leben und Wirken die Gedenkfeier bereichere.

Dieser ging dabei nicht nur auf die Biographie des Kaplans ein (über die wir im Vorfeld berichteten), sondern blickte auch auf sein schicksalhaftes Leben zurück.
Denn trotz seiner Erfolge auf dem Gebiet des Siedlungsbaus war und blieb Kaplan Betz eine "tragische Figur". Er war zu einer Zeit zur sozialen Selbsthilfe geschritten, wo in der Kirche ein solches Handeln durch geistliche Personen noch nicht gut geheißen wurde. "Dazu war sein Lebensweg überschattet von einer Alkoholkrankheit, so dass sein Verhalten vom Bischöflichen Ordinariat stets überaus kritisch 'beäugt' und auch entsprechend kommentiert wurde", erklärte Professor Ammerich. Bis zu seinem Tod blieb er immer Kaplan, denn eine Stelle als Pfarrer wurde ihm stets verwehrt, verfiel immer wieder "in Ungnade", vermutlich aufgrund seiner Alkoholsucht. So hatte er innerhalb von neun Jahren sieben Kaplansstellen inne, denn man hatte versucht, ihn durch seine Versetzungen an den jeweiligen Orten vom "Ausgehen abzuhalten" und ihn "zu Hause festzuhalten".

Die Frucht seines Wirkens in Schifferstadt war aber der Bau von "Arbeiterwohnungen" im Siedlungsgebiet zwischen Speyerer Straße, Amselweg, Ostring und Buschstraße, dem sogenannten "Betzendorf", landläufig auch "Betzenviertel" genannt. Die ihm gewidmete "Betzstraße" zwischen Ostring und Amselweg erinnert an seine Tätigkeit in Schifferstadt.

Zunächst hatte aber die Schifferstadter Bevölkerung Bedenken hinsichtlich der sich ansiedelnden sozial schwachen Menschen in diesem Viertel. Doch er stellte klar, dass Wohnungen und Mietshäuser nur an solche gingen, die im Stande und gewillt waren, die Miete zu bezahlen. Auch die im Vorfeld befürchteten "Plünderungen" durch neue "Räuberbanden" relativierte er mit der Tatsache, dass "auch jetzt schon gestohlen wird, ohne dass die Baugenossenschaft ihrer Tätigkeit entfaltet hat".

Bereits vier Monate nach Antritt seiner Kaplansstelle gründete er am 5. Mai 1918 in Schifferstadt die Wohnungsbaugenossenschaft. Zur Gründungsversammlung kamen Personen aller Berufsgruppen, 32 traten der neuen Genossenschaft bei. Peter Betz konnte für die Vorstandschaft Personen gewinnen, die in der Öffentlichkeit große Reputation hatten. Die Vorstandschaft bestand aus dem Sauerkrautfabrikanten und späteren zeitweiligen Bürgermeister Dr. Wissesser (1. Vorsitzender), Kaplan Peter Betz (2. Vorsitzender (ab Spätsommer 1918 gefolgt von Kaufmann Georg Eckel), Kaufmann Friedrich Wunder (Rechner), Bürgermeister und Ökonomierat Georg Josef Mayer (Vorsitzender des Aufsichtsrates), Rangiermeister Angelstetter, Rechner Eich, Buchdruckereibesitzer Emil Geier, Schmied Marx Hoffmann, Schreiner Jakob Huber, Zimmermeister Philipp Kamb, Kaufmann Adolf Reiß und Werkstättengehilfe Siegel (Aufsichtsratsmitglieder). Bereits 1919 entstanden erste "Arbeiterwohnungen" an der Speyerer Straße. (Da sich dieser Ortsteil in den Folgejahren weiter entwickelte und die Größe eines ansehnlichen Dorfes hatte, schickte man sich an, dort Geschäftshäuser, Kaufläden, Metzgereien und Bäckereien einzurichten, und auch die St. Laurentiuskirche wurde nördlich davon gebaut.)

Doch bereits nach acht Monaten in Schifferstadt wurde er nach Herxheim versetzt. Denn Generalvikar Friedrich Molz teilte dem Herxheimer Pfarrer Franz Xaver Keßler in einem Schreiben mit, dass Kaplan Betz in seinem "unseligen Leichtsinn" am 20. August 1918, ein "bestelltes Sterbeamt ausfallen" ließ, "was großes Ärgernis erregte. Wir mussten ihn deshalb versetzen". Doch auch im Herxheimer Pfarrhaus gab es ständige Streitereien, da er durch die dortige Wohnungsbaugenossenschaft sehr oft unterwegs war, was eines Kaplans der damaligen Zeit "unwürdig" war. Auch sein Doktorexamen in "Nationalökonomie" wurde ihm verwehrt.

Des weiteren gründete er auch in Blieskastel-Lautzkirchen eine gemeinnützige Baugenossenschaft und den Zweckverband zur Förderung des Wohnungswesens in der Saarpfalz. Für diese Tätigkeit im Wohnungsbauverband des Saargebiets wurde er vom Bischöflichen Ordinariat freigestellt bzw. beurlaubt. Aber seine Mitarbeit in diesem Gremium dauert nur wenige Wochen, weil die Genehmigung der Gelder nicht erfolgte, so seine eigene Begründung. Danach war er für längere Zeit nicht auffindbar. Vermutlich hatte er seinen Lebensunterhalt durch Artikel über die Wohnungsfrage und mit Vorträgen bestritten. Seine letzte Versetzung nach Kirchheimbolanden am 16. Oktober 1921 kommentierte das Bischöfliche Ordinariat mit: "Dieser Versuch wird der letzte sein, den wir mit einer Verwendung für Sie machen."
Am 19. August 1922 starb Kaplan Peter Betz mit 37 Jahren an Herzinsuffizienz und Sepsis der Lunge in Kirchheimbolanden.

"Sie haben uns einen Mann aufgezeigt und näher gebracht, der für eine Sache gebrannt hat, nämlich der Wohnungsnot. Dies hat er aber nicht aus Selbstsucht oder Selbstdarstellung getan sondern der Sache wegen und aus tiefster Überzeugung für Caritas,“ kommentierte Werner Krämer die Ausführungen des Historikers.

"Ich bin sehr bewegt und möchte Ihnen von ganzem Herzen danken für Ihre Ausführungen", schloss sich Bürgermeisterin Ilona Volk den Worten Werner Krämers an. "Wir hörten von einem Kaplan, der doch eigentlich eine christliche Tugend lebte und die Not der Menschen erkannte und helfen wollte," fügte sie hinzu. Diesem Engagement zollte sie große Wertschätzung, Bewunderung und Respekt. "Was Kaplan Betz in so schneller Zeit auf den Weg gebracht und geleistet hat trotz aller Widerstände ist unfassbar. Man hat ihn immer wieder von Pfarrei zu Pfarrei weiter getrieben und dennoch hat er sich nicht abhalten lassen und immer die Not der Menschen im Blick gehabt, egal, wo er war", zeigte sie sich beeindruckt. Dies sei eine Eigenschaft, die alle Menschen zeigen sollten. Gerade, weil er den Rückhalt in der Kirche nicht hatte, sei es richtig, seinen Todestag in "seiner" Kirche zu feiern, denn ohne das "Betzendorf" hätte auch keine Notwendigkeit bestanden, die St. Laurentiuskirche zu erbauen. Auch heute noch sei die Wohnungsnot unübersehbar, so dass sie froh sei, dass Schifferstadt dem Kreiswohnungsverband angehöre, der 1920 gegründet wurde, obwohl man das nicht miteinander vergleichen könne. "Wir alle wissen, wie wichtig es ist, dass die Menschen, die geringere Einkommen haben, in einem vernünftigen Wohnraum leben können", merkte sie an. Dies habe bei der Stadt und im Stadtrat einen hohen Stellenwert. "Denn bezahlbarer Wohnraum ist auch ein Bestandteil unserer Stadtentwicklung", betonte sie.

Karl-Heinz Nagel, Mitglied im Gemeindeausschuss St. Laurentius beendete die Feierstunde mit einem Gebet zur sozial-caritativen Besinnung.

Text und Bilder: Inge Schade, Schifferstadter Tagblatt (Wir danken für die Erlaubnis zur Veröffentlichung.)