Pauken- und Donnerschlag:

Der Verwaltungsrat der Pfarrei Heilige Edith Stein lässt seine Arbeit ruhen

Grund: Desaströse Situation des Bistums im Verwaltungs- und Finanzbereich – VR fühlt sich nicht ernst genommen

Der Verwaltungsrat der Pfarrei Heilige Edith Stein lässt mit sofortiger Wirkung bis auf weiteres seine Arbeit ruhen. Dies war die Kernbotschaft der Pfarrversammlung am Samstagabend, 02.07.2022 nach dem Vorabendgottesdienst in der Herz Jesu Kirche. Grund ist die desaströse Situation des Bistums im Verwaltungs- und Finanzbereich, bedingt vor allem durch deren nicht erfolgreiche Verwaltungsreform im Dekanat Speyer.

Pfarrer Dr. Georg Müller erläuterte diese negative Entwicklung zunächst an einer Zeitleiste, in der hervorging, dass es seit 2016 nicht mehr möglich gewesen sei, der Verantwortung in wünschenswertem und erforderlichem Umfang gerecht zu werden. Eine Präsentation durch Verwaltungsratsmitglied Gereon Stahl unterlegte dies.

Der Pfarrer wies aber auch darauf hin, dass alle Beschlüsse des Verwaltungsrates in diesem Zusammenhang einstimmig waren. Rückblendend erinnerte er daran, dass in früheren Zeiten ehrenamtliche Kirchenrechner für die Finanzverwaltung in den Pfarreien zuständig waren, in der Regel fachkundige Männer, deren Wort Gewicht hatte. Unterstützt von den Pfarrverbandsgeschäftsstellen, die mit der Abrechnung und Verwaltung der Kindergärten betraut waren, sorgten sie dafür, dass die Haushaltsplanungen und Jahresabschlüsse dem Bischöflichen Ordinariat (BO) pünktlich zur Prüfung und Genehmigung vorgelegt werden konnten. Wenn aber die Fristen zur Vorlage mal nicht eingehalten werden konnten, wurden recht schnell Schlüsselzuweisungen (= Mittel, die jede Pfarrgemeinde aus dem Bistumshaushalt und damit aus den Kirchensteuereinnahmen erhält) gekürzt. Zum 1. Januar 2016 wurden die hiesigen drei Pfarreien zur Pfarrei Heilige Edith Stein zusammen gefasst. Gleichzeitig wurden die Pfarrverbände und mit ihnen die Pfarrverbandsgeschäftsstellen aufgelöst. Buchhaltung und Finanzverwaltung sind seitdem per Kirchengesetz sogenannten Regionalverwaltungen zugewiesen.

"Seitdem liegen uns keine aktuellen und vollständigen Finanz- und Wirtschaftsdaten vor",
informierte er weiter. Da quasi "innerkirchlich" alle Wege gegangen wurden bis hin zum Bischof, bestand für dieses Gremium lediglich die Möglichkeit, die Öffentlichkeit zu informieren und nicht nur damit zu drohen, um damit eine Debatte anzustoßen und gegebenenfalls auch damit Druck auf die Verantwortlichen auszuüben. Der stellvertretende Vorsitzende des Verwaltungsrates, Karl Fischer, sowie die VR-Mitglieder Thomas Imo und Christian Schulz gingen dabei ins Detail.

Die Arbeit des Verwaltungsrates sieht unter anderem den Beschluss eines Haushaltsplanes für jedes Haushaltsjahr vor, der öffentlich auszulegen und danach dem BO zur Genehmigung vorzulegen ist. Außerdem stellt er die Jahresrechnung fest, die ebenfalls öffentlich auszulegen ist. Sie muss dann vom BO geprüft und anerkannt werden. Das alles sind kirchenrechtliche Vorgaben. Doch in der Praxis sieht es anders aus: "Seit 2016 können wir weder Haushaltspläne noch Jahresabrechnungen vorlegen, da die Jahresabschlüsse nicht erstellt wurden, Transparenz mittels einer öffentlichen Auslegung ist somit nicht möglich. Beim Bischöflichen Ordinariat liegt die Stiftungs- und Finanzaufsicht. Es ist Genehmigungs-, Prüfungs- und Anerkennungsbehörde. Diese Aufgaben nimmt das Bistum jedoch nicht wahr. Gleichzeitig ist es Träger der Regionalverwaltung, die uns keine ausreichende Arbeitsgrundlagen zur Verfügung stellt und uns damit seit Jahren hindert, unsere Pflichten wahrzunehmen. Im alltäglichen Wirtschaftsleben kündigt man einem Dienstleister, wie der Regionalverwaltung, wenn er seine Aufgaben nicht erledigt. Uns ist diese Möglichkeit per Kirchengesetz verwehrt", machte der stellvertretende Vorsitzende Karl Fischer seinem Ärger Luft.

Der VR kann deshalb nicht selbständig handeln und dadurch allein etwas verändern.
Dazu sei lediglich das Bistum in der Lage. Diese habe sich zu einem transparenten und verantwortlichen Umgang mit kirchlichem Vermögen verpflichtet, der in gleichem Maß auch für den Verwaltungsrat gelte. "Auch ein Unternehmer kann nur erfolgreich wirtschaften, wenn ihm die aktuellen Zahlen regelmäßig vorliegen. Dies kann man bis hin zur Fürsorge hinsichtlich seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darlegen", nannte VR-Mitglied Christian Schulz als Beispiel. "Sicher schlagen zwei Herzen in einer Brust, da die Kirche ohnehin derzeit einem recht negativen Meinungsbild ausgesetzt ist, jedoch befinden wir uns hier auf einer völlig anderen Ebene. Es handelt sich um rein betriebswirtschaftliche Fragen und Probleme, die allerdings dauerhaft auch auf andere Bereiche Auswirkung entfalten könnten", so Christian Schulz.

Unisono merkte der Verwaltungsrat an, dass es kein Misstrauen gegen Personen der Regionalverwaltung oder des Bistums im Blick auf Veruntreuung, persönliche Bereicherung oder ähnlich gäbe. Die Misere liege aus ihrer Sicht ausschließlich in einer Strukturreform, die in ihrer konkreten Umsetzung leider nur teilweise arbeitsfähig sei.

Bistum gab bisher noch keine konkrete Auskunft
Trotz zahlreicher Schreiben und Bitten zu Gesprächen mit Vertretern des Bistums, wie beispielsweise an den damaligen Generalvikar Andreas Sturm, den Kanzleidirektor i.K. Wolfgang Jochim, Abteilungsleiter Joachim Vatter und sogar an Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann, ist bis dato noch nichts Konkretes geschehen. Auch der Hinweis, diese Situation in der Öffentlichkeit darzustellen und der Option, dass der VR seine Arbeit ruhen lassen würde, konnte das Bistum nicht zu entsprechenden Maßnahmen bewegen.
"Inzwischen ist zwar in der Regionalverwaltung eine Unternehmungsberatung tätig gewesen, die schauen sollte, wo Probleme sind und Vorschläge für die Änderungen machen sollte, doch auch darüber wurden wir bis zum heutigen Tag noch nicht unterrichtet", fügte Thomas Imo hinzu. Dennoch habe der VR noch nicht die Hoffnung verloren, dass es der Unternehmensberatung möglich war, Lösungen zu erarbeiten, die dann schnellstens und konsequent umgesetzt werden können. "An allen Fragestellungen haben wir trotz Hindernissen versucht, im Interesse der Pfarrei zu arbeiten, aber keine reifen Konzepte ausarbeiten können, weil wir dazu wissen müssen, welche Mittel überhaupt zur Verfügung stehen.

"Wir möchten mit dem Ruhen unserer Arbeit deshalb ein Zeichen setzen
da wir uns nach all dem Bemühen um Lösungen und Versprechungen aus Speyer in unserer ehrenamtlichen Aufgabe nicht ernst genommen fühlen und die Voraussetzungen für eine gute Arbeit nicht gegeben sind", führte er weiter aus. Thomas Imo versprach aber, dass es in Notfällen keinen Verzug gäbe und der allgemeine Alltagsbetrieb der Pfarrei gesichert sei. Mit der Vorlage aktueller Abschlüsse und damit verlässlicher Zahlen aus Speyer wird der Verwaltungsrat seine Tätigkeit wieder umgehend aufnehmen.

Redaktion: Inge Schade für das Schifferstadter Tagblatt